Titelbild Lydia
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Frauen der Bibel – Lydia

Ich stelle mir vor, dass Lydia oft betete. Sie betete jeden Sabbat zusammen mit den anderen Frauen am Fluss Gangites. Eines ihrer grossen Anliegen war es vielleicht, dass in Philippi eine Synagoge gebaut werden konnte. In einer Synagoge könnte zusätzlich zum Gebet aus den Schriften vorgelesen werden. Die Frauen könnten mehr über den Gott der Juden hören und die Kinder könnten dort unterrichtet werden. Doch dazu bräuchten sie gemäss Gesetz mindestens 10 jüdische Männer. Also betete Lydia, dass jüdische Männer nach Philippi kommen würden oder einige Philippiner sich zum jüdischen Glauben bekehren würden. Lydias Gebet wurde von Gott erhört – aber nicht so wie sie dachte…

Ihr Name

Lydia kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Frau aus Lydien“.

Ihre Zeit

Wir kennen ihr Alter nicht genau. Aber wir wissen, wann sie gelebt hat: Paulus und seine Mitarbeiter begegneten ihr auf seiner zweiten Missionsreise, die von 50 – 52 n. Chr. stattfand.

Ihre Geschichte

Bibelstelle: Apostelgeschichte 16.11-40

Lydia kam ursprünglich aus Thyatira. Die Stadt war bekannt für den Handel mit Purpurstoffen und eventuell befand sich dort eine jüdische Kolonie. Das würde erklären, wie Lydia zum Glauben an den jüdischen Gott gekommen ist. Ob sie vollständig zum Judentum übergetreten ist (und somit eine sogenannte Proselytin war) oder den jüdischen Glauben einfach so gut wie möglich praktizierte, ist nicht ganz klar. Auf jeden Fall pflegte sie das Gebet und die Waschungen am Sabbat. Der Glaube schien ihr also wichtig zu sein, was umso beeindruckender ist, wenn man bedenkt, dass wohl nur sehr wenige jüdisch Gläubige in Philippi gelebt haben. In der römisch geprägten Stadt Philippi hätte ihr der jüdische Glaube eventuell sogar zu einem geschäftlichen Nachteil werden können, da die Römer (und in Philippi hatte es vermutlich einige Veteranen des römischen Reichs) dem Judentum teilweise etwas skeptisch gegenüber standen. Lydia war nämlich eine Purpurhändlerin. Das zeugt von fachlichen Kompetenzen, aber auch von Intellekt, Mut und Selbstständigkeit. Lukas benutzt für „Purpurhändlerin“ ein Wort, das weder mit „Fischerin der Purpurschnecken“ noch mit „Purpurfärberin“ übersetzt werden kann. Beides wären eher Berufe gewesen, die einem keine sonderlich hohe soziale Stellung eingebracht hätten – insbesondere das Färben, da die Arbeit mit einem gruseligen Gestank verbunden war. Aber Lydia handelte allem Anschein nach mit dem Luxusgut. Die purpurgefärbte Kleidung war ein Zeichen von hohem Status und Reichtum, da die Farbe (welche aus einer bestimmten Schneckenart gewonnen wurde) nicht einfach aufzutreiben war und dementsprechend etwas kostete. Dass sie diesen Handel betreiben konnte, setzte also gewisse finanzielle Möglichkeiten voraus. Vermutlich gehörte sie also eher zur wohlhabenden Schicht. Dafür spricht auch, dass sie offenbar einem eigenen Haus vorstand. Die Frage, was mit ihrem Mann (sofern es einen gab) geschehen ist, bleibt offen. Sie kann verwitwet, unverheiratet oder geschieden gewesen sein. Über ihre Vergangenheit wissen wir eigentlich nichts. Aufgrund ihres Namens könnte sie vielleicht sogar selbst mal eine Sklavin gewesen sein. Denn damals wurden Sklaven oft nach dem Ort des Verkaufes oder ihrer Herkunft benannt. Wenn sie tatsächlich eine Sklavin gewesen ist, dann konnte sie sich freikaufen oder wurde freigelassen, ansonsten hätte sie kein eigenes Haus gehabt. Wer alles zu ihrem Haushalt gehörte, bleibt ebenfalls offen. Möglich sind natürlich Familie, Verwandte und Sklaven.

Purpur Stoff

Auf jeden Fall war sie Hausherrin und ihr Haus war gross genug, um die Missionaren und später die christliche Gemeinde in Philippi zu beherbergen. Ihre Gastfreundschaft spricht dafür, dass sie eine mutige, offene und grosszügige Frau war, die keine Angst vor der Meinung anderer Leute hatte und mit ganzem Herzen und Einsatz für Gott lebte. Wie kam sie dazu, ihr Haus für Paulus, seine Mitarbeiter und die christliche  Gemeinde zu öffnen?

Wie bereits erwähnt, gab es wohl nur wenige jüdisch gläubige Männer in Philippi. Denn wären es mehr als 10 Männer gewesen, hätte es wahrscheinlich eine Synagoge und damit einen offiziellen Synagogengottesdienst gegeben. Aber die Frauen aus Philippi trafen sich am Fluss Gangites, was nahelegt, dass es wohl keine Synagoge gegeben hat. Paulus und seine Mitarbeiter kamen auf seiner zweiten Missionsreise nach Philippi und vermuteten eine Gebetstätte am Fluss. Daher gingen sie am Sabbat dorthin und trafen tatsächlich auf die dort versammelten Frauen. Vielleicht war es sogar Lydia, die diese Gebetsgruppe leitete, denn sie ist die einzige, die namentlich erwähnt wird. Vielleicht wird aber auch nur ihr Name genannt, weil ihr von Gott das Herz für die gute Nachricht geöffnet wurde. Sie nahm das Evangelium, welches Paulus predigte, sofort an und liess sich und ihr ganzes Haus taufen. Somit war sie – gemäss heutigem Befund – die erste Person aus Europa, die Jesus nachzufolgen begann. Offensichtlich gab sie sich nicht mit ihrem Erfolg, ihrer Arbeit, ihrem Reichtum oder ihrem Ansehen bei Menschen zufrieden, sondern suchte Gott von ganzem Herzen. Sie war so offen für Gott und sein Wirken, dass er sie sofort zum Glauben an Jesus führen konnte.
Lydia war begeistert von ihrem neuen Glauben, was sie dazu motivierte, sofort irgendwie mit anzupacken. Sie nötigte Paulus und die anderen Missionaren schon fast, in ihr Haus zu kommen und sich von ihr beherbergen zu lassen. Paulus war von ihrem ungeheucheltem Glauben überzeugt und nahm ihre Gastfreundschaft an. Die Gastfreundschaft von Lydia blieb auch dann bestehen, als die Missionare vor das Gericht und ins Gefängnis gehen mussten. Wir wissen nämlich, dass nachdem Paulus und Silas entlassen wurden, sie direkt wieder zu Lydia gingen, um die Gemeinde dort zu ermutigen und zu lehren. Was für eine mutige Frau! Lydias Glaube war also nicht wie die Samenkörner aus dem Gleichnis von Jesus (Markus 4.2-20), die auf steinigen Boden oder unter die Dornen geraten waren. Nein, das Evangelium schlug richtig Wurzeln in ihrem Herzen und brachte Frucht. Ihre Gastfreundschaft wurde zum Segen für die Missionare und die ganze Gemeinde in Philippi. Und das ist nur das, was wir von ihr wissen. Vermutlich vollbrachte sie noch viele gute Werke. Paulus zum Beispiel bedankt sich in seinem späteren Brief an die Philipper für die finanzielle Unterstützung. Es wird nirgends erwähnt, dass Lydia daran beteiligt war, aber man kann sich das aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation gut vorstellen.

Ihr Charakter

Fleissig & Selbstständig

Sie war eine erfolgreiche Purpurhändlerin und Hausherrin und zeigte demnach grossen Einsatz bei der Arbeit. Ausserdem war sie sofort bereit, die Missionare und später die Treffen der christlichen Gemeinde in ihrem Haus aufzunehmen. Sie scheute sich nicht vor dem Aufwand, den diese Gastfreundschaft mit sich brachte.

Mutig

Um ein Geschäft selbst führen zu können braucht es schon auch eine Portion Mut. Ausserdem schien sie keine Angst vor Entscheidungen zu haben, da sie sich schnell und konsequent für die Taufe entschied. Auch blieb ihre Gastfreundschaft gegenüber den Gläubigen in Philippi und den Missionaren Paulus und Silas bestehen, als diese zwei ins Gefängnis und vor Gericht gehen mussten.

Grosszügig

Die Gastfreundschaft ist auch ein Akt der Grosszügigkeit. Sie war sicher nicht unbeteiligt am zur Verfügung stellen der Lebensmittel für die gemeinsamen Mahlzeiten und dem Abendmahl, welche zu den wichtigen Bestandteilen der Hausgemeinden gehörten. Sollte sie sich tatsächlich an der finanziellen Unterstützung für Paulus beteiligt haben, würde auch das für ihre Grosszügigkeit sprechen.

Gottesfürchtig

Lydia war aufrichtig auf der Suche nach Gott. Sie nahm das Gebet offenbar sehr ernst und der Glaube war ihr wichtiger als der möglicherweise daraus folgende Nachteil für ihr Geschäft und ihr Ansehen.

Ihre Wirkung

Hausgemeinden waren sehr wichtig für die gerade erst entstehende Glaubensgemeinschaft der Christen. Sie waren oft die einzigen Orte, wo sie sich treffen konnten. Ausserdem konnte in Hausgemeinden ganz gut Jüngerschaft gelebt werden. Auch das Teilen von Mahlzeiten und dem Abendmahl (beides wichtige Bestandteile der frühen Gemeinde) war so kein grosses Problem. Wenn die Gemeinde wuchs, konnte sie sich einfach auf mehr Häuser aufteilen. Es mussten keine „Gotteshäuser“ gebaut werden, um den Glauben leben zu können. Es war auch einfach in den Häusern Missionare aufzunehmen und zu beherbergen. Ihre Gastfreundschaft war also ein Segen für die Missionare und die Gemeinde in Philippi.

Ihr Gott

Gott sah Lydias Treue im Gebet, auch wenn es nicht viele Gläubige in Philippi gab. Vielleicht waren ihre Gebetszeiten genau das, was es ermöglichte ihr Herz so schnell für das Evangelium und seine Wahrheit zu öffnen.

Wir wissen nicht, wie es dazu kam, dass Lydia in der Situation lebte, wie sie eben lebte. Aber wir wissen, dass Gott ihr aufrichtig suchendes Herz sah und sie durch das, was sie hatte und ihm zur Verfügung stellte (Ihr Haus, Ihr Herz, Ihre Zeit, Ihre Finanzen) zum Segen werden liess für die Menschen und besonders die christliche Gemeinde in Philippi.

Ihr Beispiel

Gebet als Priorität 

Wir können von Lydia lernen, dass Gebet eine entscheidende Rolle spielen kann. Durch das Gebet wird unser Herz für Gott und sein Wirken vorbereitet. Durch das Gebet beeinflusst er unser Denken und somit auch unser Handeln. Durch das Gebet öffnen wir Tür und Tor, um den Himmel auf die Erde zu bringen und sein Reich hier zu bauen. Tipps zum Beten findest du hier: Zeit für Gott – warum und wie… Welche Priorität hat das Gebet in unserem Leben?

Gott als Priorität

Lydia hielt sich schon zum jüdischen Gott, bevor sie von Jesus gehört hatte. Auch das war vielleicht gar nicht mal so einfach – sie hätte einen wirtschaftlichen Nachteil haben können und der jüdische Glaube war in Philippi anscheinend nicht wirklich organisiert. Als sie Christin wurde, wurde es sicher nicht einfacher. Nun drohte wirklich Verfolgung und Bestrafung. Aber ihr war Gott wichtiger als ihr eigener Erfolgt, Reichtum oder ihr Ansehen. Weshalb genau sie so von Jesus und dem Evangelium so begeistert war, wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass der Glaube an Jesus uns Frieden und Freude und ewiges Leben bringt. Er ist der einzige, der uns wahre Freiheit geben kann und Gott ist der Einzige, der unsere Sehnsucht nach Liebe wirklich stillen kann – denn Gott ist Liebe (1 Johannes 4…). Das hat wohl auch Lydia erlebt. 

Liebe & Dienst an Glaubensgeschwistern

Lydia liess es sich nicht nehmen, ihren neuen Glaubensgeschwistern sofort mit allem zu helfen, was sie hatte. Wo setzen wir uns für die Gemeinde ein und stellen unsere Ressourcen (Talente, Material, Zeit, etc.) zur Verfügung? Oder wo helfen wir unseren Glaubensgeschwistern im Alltag aus?

Gastfreundschaft als Segen

Gastfreundschaft

In Hebräer 13.2 heisst es: „Die Gastfreundschaft vergesst nicht! Denn dadurch haben einige, ohne es zu wissen, Engel beherbergt.“. Auch an anderen Stellen in der Bibel (z.B. Römer 12.13) wird die Gastfreundschaft immer wieder erwähnt. Offenbar hat sie einen besonderen Wert und kann zum Segen sowohl für Gastgeber als auch für die Beherbergten werden. Wann und wie können wir Gastfreundschaft üben? Übrigens kann man auch wenn man selbst eingeladen ist „gastfreundlich“ sein, indem man für die Gastgeber ein offenes Ohr hat, ihnen bei etwas mithilft, das Haus wieder in Ordnung verlässt oder ihnen vielleicht etwas Kleines mitbringt.


Ich hoffe, dass du etwas für dich und dein Leben aus dem Leben von Lydia gewinnen kannst. Ich selbst habe vor allem das gelernt, was ich unter „Ihr Beispiel“ zusammengefasst habe. Aber vielleicht beschäftigen dich ja noch ganz andere Aspekte von Lydia und ihrer Geschichte? Falls ja, ergänze doch diesen Beitrag mit einem Kommentar oder mache ein Mail an mich. Ich würde mich freuen, von dir zu lernen!

Gebet

Vater im Himmel, ich danke dir für die Beispiele an Personen und Geschichten, die du uns in deinem Wort gibst. Ich bitte dich, dass du unsere Herzen genau so für dich und dein Wort öffnest, wie du das Herz von Lydia geöffnet hast. Hilf uns, unsere Faulheit und Feigheit abzulegen und stattdessen voller Freude, Motivation und Mut in unserem Leben voranzugehen und dich damit zu ehren. Zeig uns, wem wir unsere Gastfreundschaft anbieten können und wem wir heute dienen dürfen. Vor allem aber hilf uns, unsere Herzen, Gedanken, Worte und Handlungen in deiner Liebe zu verwurzeln. Stärke unseren Glauben an dich. Vater, ich danke dir für deinen Geist, der uns in alledem führt und hilft. Amen.

Bibelstellen

Apostelgeschichte 16.11-40
Markus 4.2-20
Hebräer 13.1-9

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